Über den Durst: Problemfall Alkohol

In Österreich sind fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung über 15 Jahre alkoholabhängig, davon dreimal so viele Männer wie Frauen. In unserer „Movember“-Serie erklärt Suchtexperte Dr. Alexander Schorb, wie sich zu viel Alkohol auswirkt, ab welcher Menge der Alkoholkonsum problematisch wird und wie man (Mann) Alkoholabhängigkeit erkennt.

Alkohol spielt überall auf der Welt eine wesentliche Rolle als Nahrungs-, Genuss- sowie Rauschmittel und ist eng mit dem sozialen und kulturellen Leben verbunden. Die überwiegende Mehrheit trinkt Alkohol in einer verantwortungsbewussten Art und Weise. Gleichzeitig aber gibt es eine Minderheit, deren Alkoholkonsum ein Ausmaß annimmt, das zu gravierenden gesundheitlichen und sozialen Problemen führt. Alkohol beschert also auf der einen Seite Freude, Genuss und Lebensqualität, kann aber andererseits auch Krankheit, soziales Elend und Leid hervorbringen.

Ein paar Zahlen zum Alkoholkonsum. In Österreich haben 96 Prozent der erwachsenen Bevölkerung bereits Alkohol getrunken: 97 Prozent der Männer und 95 Prozent der Frauen. Fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung über 15 Jahre sind alkoholabhängig, weitere 12 Prozent konsumieren Alkohol in riskanter Weise. Es sind dreimal so viele Männer alkoholabhängig (7,5 Prozent) wie Frauen (2,5 Prozent), was vermutlich auf Sozialisation und kulturelle Gegebenheiten zurückzuführen ist. War regelmäßiger Alkoholkonsum früher primär eine männliche Domäne, nimmt im Zuge der Angleichung der Geschlechterrollen in vielen gesellschaftlichen Bereichen langfristig auch der Alkoholkonsum von Frauen zu und von Männern ab. Dies stellt nicht unbedingt einen Anlass dar, weiblichen Alkoholkonsum zu problematisieren, vielmehr ist festzustellen, dass sich Frauen langfristig immer häufiger dem Trinkgebaren der Männer angleichen. Dennoch trinken sie nach wie vor deutlich weniger Alkohol als Männer und sind deutlich seltener von problematischen oder pathologischen Konsumformen betroffen. Die positive Seite der Annäherung der Geschlechterrollen ist, dass bei Männern eine Entwicklung zum moderaten Konsum zu beobachten ist, was nicht zuletzt damit in Zusammenhang gebracht werden kann, dass Alkoholkonsum keine rein maskuline Domäne mehr ist.

Österreich im europäischen Spitzenfeld. Trotz eines erheblichen Rückganges des Pro-Kopf-Alkoholkonsums seit 1973 ist Österreich in diesem Bereich im europäischen Durchschnitt ins Spitzenfeld gerückt. Das erklärt sich dadurch, dass der Pro-Kopf-Alkoholkonsum in traditionellen Hochkonsumländern – wie beispielsweise in Frankreich – unter das österreichische Niveau gesunken ist. Zurzeit liegt nur ein EU-Land, nämlich Tschechien, geringfügig über dem österreichischen Niveau. Es gibt also im Bereich Prävention bezüglich des Alkoholkonsums in Österreich nach wie vor viel zu tun. Die positive Entwicklung in Richtung eines verantwortungsbewussten Alkoholkonsums sollte weiter gefördert werden, auch wenn sich Einstellungsveränderungen gewöhnlich nur sehr langsam vollziehen. 

Ein gefährliches Laster. Rund 60 verschiedene Erkrankungen werden direkt auf Alkoholkonsum zurückgeführt – die bekanntesten betreffen Leber- und Bauchspeicheldrüse, aber auch ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bei bestimmten Krebsarten, psychische Störungen, Nervenschädigungen, Herz- und Gefäßkrankheiten, vorgeburtliche Schädigungen sowie Verletzungen bei Unfällen sind zu nennen. Eine wesentliche Frage ist, inwieweit Störungen und Erkrankungen Folgen eines exzessiven Alkoholkonsums sind oder inwieweit gravierende gesundheitliche Probleme einen exzessiven Konsum bedingen. Bei Personen, die übermäßige Alkoholmengen zu sich nehmen, um grundlegende psychische oder soziale Probleme zu bekämpfen, sind relevante Erfolge nur dann zu erwarten, wenn Angebote zur Lösung der Grundprobleme vorliegen und in Anspruch genommen werden. Neben einem verfügbaren Angebot bedarf es insbesondere auch motivationaler Interventionen, darüber hinaus auch der Aufklärung, Information und der so genannten Psychoedukation, der Wissensvermittlung über die entsprechend zugrundeliegenden Störungsbilder.  

Wieviel ist ein Zuviel an Alkohol? Als gering bzw. risikoarm gilt ein durchschnittlicher täglicher Konsum von bis zu maximal 24 Gramm Alkohol für Männer sowie 16 Gramm für Frauen (z.B. höchstens 0,6 Liter bzw. 0,4 Liter Bier pro Tag). Abgesehen von der Menge gilt Alkoholkonsum dann als risikoarm, wenn an die jeweilige Situation angepasst getrunken wird. Dazu gehört, dass man in bestimmten Situationen und Lebenslagen – vor allem im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz oder in der Schwangerschaft – auf Alkohol vollständig verzichtet. Zudem sollte man an mindestens zwei Tagen pro Woche gar keinen Alkohol trinken. Als Grenzwert für problematischen Konsum, ab der ein deutlich erhöhtes Gesundheitsrisiko vorliegt, wird für Männer üblicherweise ein Wert von 60 Gramm Alkohol pro Tag angegeben, für Frauen 40 Gramm, was einer Menge von 1,5 bzw. 1 Liter Bier täglich entspricht. Der Übergang von einem problematischen zu einem abhängigen Konsum ist fließend, jedoch nicht zwingend. Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit. Für die Entwicklung einer Alkoholsucht zählt nicht alleine die Menge, sondern weitere von der WHO festgelegte Diagnosekriterien.

Checklist Alkoholabhängigkeit. Von einer Alkoholabhängigkeit ist auszugehen, wenn mindestens drei dieser Kriterien während des letzten Jahres zutrafen: 

  • Sie verspüren den starken Wunsch, Alkohol zu trinken.
  • Sie haben Schwierigkeiten, ihren Alkoholkonsum zu kontrollieren.
  • Sie trinken weiter, obwohl sie bereits schädliche Folgen spüren.
  • Sie vernachlässigen andere Aktivitäten und Verpflichtungen, um zu trinken.
  • Sie entwickeln eine Toleranz, das heißt, sie müssen mehr trinken, um denselben Effekt zu haben.
  • Sie haben körperliche Entzugssymptome, wenn Sie nicht trinken.

Beratungsstellen bieten Hilfe. Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie es um Ihren Alkoholkonsum steht, oder Sie Ihren Alkoholkonsum gerne einschränken würden, aber nicht wissen, wie, helfen Beratungsstellen und Suchtambulanzen in allen Bundesländern weiter:
Dialogwoche Alkohol - Beratungsstellen
Suchthilfeeinrichtungen ambulant 
Suchthilfeeinrichtungen stationär

Salzburger Beratungsstellen:

PSD – Psychosozialer Dienst    
Amt der Salzburger Landesregierung,
Fanny von Lehnert Straße 1,
5020 Salzburg,
Tel. 0662/8042-3599

Suchtmedizinische Fachambulanz
Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der PMU
Ignaz-Harrer-Straße 79, Haus 29
5020 Salzburg
Tel. 057255-34991

Quellen:
Uhl A., Strizek J., Alkoholkonsum in Österreich. Wege aus der Sucht: Abhängigkeiten erkennen – behandeln – bewältigen, Herbst 2019

Dresel M., Alkohol. Leben können. Wege aus der Sucht: Abhängigkeiten erkennen – behandeln – bewältigen, Herbst 2019

Österreichische Dialogwoche Alkohol. Wieviel ist zu viel. Institut für Suchtprävention der Sucht- und Drogenkoordination Wien GmbH, 2019

Alexander Schorb

Dr. Alexander Schorb ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin und Leitender Oberarzt im Bereich Suchtmedizin an der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg.