David Fürst, Absolvent des Doktoratsstudiums Medizinische Wissenschaft an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU), hat eine etwas andere Vorgeschichte als die meisten PMU-Alumni. Er kommt aus dem (medizin-)technischen Bereich, entwickelt hybride chirurgische Simulatoren und ist ein spannendes Beispiel dafür, wie sich Technik und Medizin auf hohem Niveau – und zum Wohle des Patienten – paaren können. "Ich war schon als Kind an Technik interessiert und deshalb stand eine entsprechende Ausbildung für mich außer Frage", erzählt David Fürst. Und so besuchte er nach der Grundschule die HTL für Mechatronic am Linzer Technikum und entschied sich danach, "etwas Sinnvolles, nämlich die Medizin, zu integrieren" – und daher für das Bachelorstudium der Medizintechnik an der Fachhochschule (FH) Oberösterreich und das weiterführende Masterstudium für Medical Engineering. Nach seinem Studienabschluss 2010 startete der junge Akademiker als wissenschaftlicher Mitarbeiter am FH-Department für Medizintechnik mit Schwerpunkt in der chirurgischen Simulation.
Das Wunder Mensch. Ein Arbeitskollege, der im Jahr zuvor das Doktoratsstudium Medizinische Wissenschaft an der Paracelsus Universität in Salzburg begonnen hatte, brachte Fürst auf den Gedanken, sich ebenfalls zu bewerben. "Ich wollte eine Sensibilität für humane Strukturen entwickeln, mich mit den komplexen Funktionen des menschlichen Körpers auseinandersetzen", begründet er seine Studienwahl. Das gelang ihm unter anderem in einem Anatomiekurs am menschlichen Präparat im Rahmen seiner Post Doc-Ausbildung: "Ich bin schrittweise in die Medizin hineingewachsen – der menschliche Körper ist ein faszinierendes Konstrukt." Mit den geblockten Anwesenheitszeiten an der Paracelsus Universität und den vorlesungsfreien Zeiten war das Studium "gut machbar, aber dennoch ziemlich anstrengend". Doch die Mühen lohnten sich und mündeten in seiner Dissertation zur "Entwicklung eines neuartigen Simulators für die minimalinvasive Wirbelsäulenchirurgie" und dem Abschluss zum "Dr. scient. med." im Jahr 2016. Felix Eckstein, Vorstand des Instituts für Anatomie und Fachbereichsleiter Humanmedizin an der Paracelsus Universität, betreute seine Doktorarbeit und holte ihn für ein Forschungsprojekt zur "Charakteristik künstlicher Knochenstrukturen" an Bord. Rückblickend sagt Fürst: "Ich würde das Doktoratsstudium sofort wieder machen, denn neben vielen anderen Dingen vermittelte es mir die Expertise zur Durchführung von wissenschaftlichen Studien."
Patientenphantom mit Extras. Das in Salzburg erworbene Know-how bringt er am Simulationszentrum an der Fachhochschule Oberösterreich ein. Dieses ist seit letztem Jahr in neuen und größeren Räumlichkeiten beheimatet und wird gemeinsam mit Kollegen des Kepler Universitätsklinikums betrieben. Als Mitarbeiter der FH-Forschungsgruppe ReSSL (Research Group for Surgical Simulators Linz) beschäftigt sich David Fürst unter anderem mit der Neu- und Weiterentwicklung hybrider Simulatoren, an denen Chirurgen ihre Fertigkeiten unter realitätsnahen Bedingungen üben können. "An unseren physikalischen Patientenphantomen werden das chirurgische Stabilisieren und Wiederaufrichten von Frakturen im Wirbelkörper trainiert", erklärt der 31-Jährige. Hybride Simulatoren kombinieren die Vorteile von modellbasierten Simulatoren und reinen Virtual Reality Systemen. Morphologische Strukturen und physiologische Prozesse können detailliert visualisiert werden, Navigationssysteme erfassen die Position von Instrumenten, Implantaten und anatomischen Strukturen in Echtzeit. Darüber hinaus vermittelt der Simulator – ein mit Silikon ummantelter, künstlicher Wirbelkörper – den trainierenden Chirurgen eine realitätsnahe Haptik.
Höhere Patientensicherheit. "Der hohe Realitätsgrad der Simulatoren durch modernste Technologie ermöglicht das Erlernen essenzieller chirurgischer Fertigkeiten in einer geschützten Umgebung und führt zu mehr Patientensicherheit, zumal die 3-D-Bilder bei der detaillierten Beurteilung des Eingriffs helfen", betont der Medizintechniker. Fürsts Dissertationsbetreuer Felix Eckstein sieht das genauso: "Die Kooperation von Technik und Medizin ist ungeheuer wichtig. Es wird ja auch kein Pilot ins Flugzeug gelassen, bevor er nicht mehrere Hundert Flugstunden am Simulator absolviert hat." Und ergänzt: "Leider wird das Simulationstraining in der medizinischen Ausbildung noch stiefmütterlich behandelt und ist in den Weiterbildungscurricula noch nicht verpflichtend verankert." Dass besonders die Simulation chirurgischer Interventionen sehr anspruchsvoll ist, weiß Florian Lagler, Geschäftsführer des Clinical Research Centers Salzburg und Leiter des Medizinischen Simulationszentrums Salzburg: "Die Herstellung von Modellen mit realitätsgetreuer Haptik oder auch die Implementierung von Funktionen zur objektiven Evaluation der Trainingsleistung sind nur mit hohem Entwicklungsaufwand zu erzielen."
Apropos Training. Privat arbeitet David Fürst nicht am virtuellen Körper, sondern intensiv am eigenen: Seit 2007 nimmt der begeisterte Triathlet an Wettkämpfen im In- und Ausland teil und absolviert dabei auch die Langdistanzen. "Ich brauche das als Ausgleich zur geistigen Tätigkeit, auch wenn diese Sportart mit sechs Trainingseinheiten pro Woche ein zeitraubendes Hobby ist." Sein Lächeln deutet darauf hin, dass er diese zehn Stunden Freizeit pro Woche gerne opfert.
Fotos: FH Oberösterreich, privat
Erstveröffentlichung in Paracelsus Today 2/2017