Der (gesellschaftliche und ökonomische) Mehrwert einer sicheren Bindung

Aus der Forschung wissen wir schon länger, dass eine Bindung biopsychologisch notwendig ist. Sie ist das gefühlsgetragene Band, das zwei Menschen über Raum und Zeit miteinander verbindet. Für die gesunde Entwicklung von Kindern ist Bindung genauso wichtig wie Nahrung, Wärme oder eine trockene Windel.

Der Bindungsforscher und Gründer unseres Instituts Prof. Dr. med. Karl Heinz Brisch hat deshalb vor vielen Jahren das Programm SAFE® (Sichere Ausbildung für Eltern) entwickelt. Hunderte Familien haben daran teilgenommen und mehrere Längsschnittstudien konnten zeigen, dass die Teilnahme am Programm eine gute Beziehungsentwicklung zwischen Eltern und Kind fördert.

In Zusammenarbeit mit der WU Wien wurde nun auch der wirtschaftliche und gesellschaftliche Mehrwert einer guten frühkindlichen Bindung analysiert. Die Evaluation erfolgte mittels einer Social Return on Investment (SROI)-Analyse, deren Ziel es ist, den durch das SAFE®-Präventionsprogramm geschaffenen gesellschaftlichen Mehrwert möglichst umfassend zu erfassen und zu bewerten. Die SROI-Analyse misst und bewertet neben den finanziellen explizit auch die sozialen Wirkungen des Programms.

Das ist natürlich in diesem Bereich nicht ganz einfach, denn das Modell versucht auch (psychische) Gesundheit und Wohlbefinden zu monetarisieren. Diese Kosten-Nutzen-Rechnung hat sich vor allem im Non-Profit Bereich jedoch bereits seit mehreren Jahren etabliert. Untersucht wird dabei, in welcher Höhe investiertes Geld an einzelne Stakeholder zurückkommt. Als Stakeholder zählen in diesem Fall zum Beispiel die Eltern, die am SAFE Kurs teilgenommen haben und deren Kinder, aber auch die Geschwisterkinder, die SAFE-Mentorinnen, welche die Kurse leiten, der Staat und Sozialversicherungen sowie FördergeldgeberInnen. Einige dieser Stakeholder investieren in SAFE (z.B: Eltern in Form von Kursgebühren, Mentorinnen für die Ausbildung) und alle diese Parteien profitieren auf irgendeine Weise durch die Effekte des SAFE-Kurses: Eltern durch den Wissenserwerb und ein höheres Sicherheitsgefühl, Kinder durch ein gesünderes Selbstwertgefühl und bessere psychische Gesundheit, Staat und Sozialversicherungen durch Abgabeeinnahmen und Ersparnis von Behandlungskosten.

Die SROI-Analyse hat nun einen genauen Faktor bestimmt, der die Kosten gegen den Nutzen aufwiegt. Dafür wird allen Input- und Output-Variablen für diese Rechnung ein monetärer Wert beigemessen. Dabei ergab die Rechnung, dass jeder Euro, der in SAFE als Bindungsförderung investiert wird, um ein mehr als 18-faches an die Gesellschaft zurückkommt. Denn Kinder, deren Eltern an SAFE teilgenommen haben, zeigen dann zum Beispiel im Jugend- und Erwachsenenalter weniger aggressives Verhalten, haben ein gesünderes Selbstwertgefühl und weisen eine höhere Resilienz auf. Infolge dessen brauchen sie seltener eine Psychotherapie oder haben weniger Krankheitstage.

Output an Forschungsinstituten wie unserem Institut für Early Life Care zeigt sich selten in harten Zahlen, in finanziellem Mehrgewinn oder dem Erfolg der vollständigen Heilung einer (physischen) Krankheit. Und doch hat es diese Analyse geschafft, auch den ökonomischen Nutzen psychischer Gesundheit und präventiver Methodik darzustellen.

Diese Ergebnisse zeigen uns erneut: Präventive Arbeit und die Bindungsforschung, wie wir sie am Institut für Early Life Care voranbringen, ist gesellschaftlich höchst relevant. Eine sichere Bindung ermöglicht nicht nur dem einzelnen Kind gut durchs Leben zu kommen, sondern die ganze Gesellschaft profitiert davon, wenn möglichst viele Kinder eine sichere Bindungsperson an ihrer Seite haben. Diese Erkenntnisse bestärken uns in unseren aktuellen Forschungsvorhaben am Institut, zu denen unter anderem eine Weiterentwicklung des SAFE Programms gehört. Das neu entwickelte Programm SAFE®-Urvertrauen begleitet Familien im Einzelsetting und bedient sich dabei der in der SROI Analyse nachgewiesenen Wirkfaktoren.

Download Forschungsbericht SROI-Analyse, SAFE-Programm

MSc Antonia Dinzinger

Die Psychologin Antonia Dinzinger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Early Life Care und Doktorandin der Medizinischen Wissenschaften an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg.